1869 wurden die Planungen für einen Neubau aufgenommen, der 1873 bezogen werden konnte. Inzwischen hatte Pastor Friedrich v. Bodelschwingh die Leitung der Anstalt übernommen. Eigentlich sollte das neue Pflegehaus nicht mehr als 150 Menschen aufnehmen, aber Bodelschwingh hatte Größeres im Sinn. Er setzte durch, dass das neue Diakonissenmutterhaus in unmittelbarer Nähe des neuen Pflegehauses erbaut wurde. Bodelschwingh wollte die beiden Werke miteinander verzahnen, indem die Epileptischenanstalt ihre Arbeit auch auf Frauen und Mädchen ausdehnte und deren Pflege von den Diakonissen des Mutterhauses übernommen wurde. Die Unterbringung von epilepsiekranken Jungen und Mädchen in einem Haus galt damals als großes Wagnis, doch gelang es Bodelschwingh, die Bedenken zu zerstreuen. Auf seine Initiative hin erhielt das neue Pflegehaus den Namen „Bethel“ (Haus Gottes), der später auf die gesamte Anstaltsortschaft überging. Das Haus Groß-Bethel gehört heute zum Stiftungsbereich Behindertenhilfe.
Große Pläne
Mit der Aufnahme epilepsiekranker Frauen war der erste Schritt zur Ausweitung und Auffächerung der Arbeit Bethels getan. Bodelschwingh strebte den Aufbau einer Kolonie von mindestens 500 Epilepsiekranken an, die eine Trennung nach Geschlecht, Alter, sozialer Herkunft, dem Grad geistiger Behinderung und körperlicher Hinfälligkeit und der Arbeitsfähigkeit erlaubte. Mit der ihm eigenen Tatkraft stürzte er sich in die neue Aufgabe. Innerhalb von nur zwölf Jahren – von 1872 bis 1884 – wuchs die Epileptischenanstalt Bethel auf 18 Häuser an, darunter
mehrere Bauernhöfe, auf denen „Familien“ von Epilepsiekranken lebten und wirtschafteten. Daneben war eine Vielzahl von Handwerksbetrieben entstanden, in denen Epilepsiekranke tätig waren. Diese Betriebe
erfüllten, wie die Landwirtschaft, eine wichtige pädagogische und
arbeitstherapeutische Funktion. Sie wurden bald aber auch unter
ökonomischen Gesichtspunkten unentbehrlich, weil sie einen großen Teil
des Anstaltsbedarfs deckten.
Karte
Groß-Bethel