Der nächstgelegene Friedhof war so weit von Bethel entfernt, dass viele Anstaltspatienten nicht an der Bestattung von Mitbewohnern teilnehmen konnten. Deshalb wurde im März 1874 auf dem Bergrücken oberhalb der Waldkapelle ein eigener Friedhof eröffnet. Er liegt an der höchsten Stelle des damaligen Anstaltsgeländes und heißt heute Alter Friedhof.
Zionskirche, Waldkapelle und Friedhof bildeten zusammen seit den 1880er Jahren den geistlichen Mittelpunkt Bethels.
Ein Gang über den Alten Friedhof
Gegenüber dem Haupteingang wurde 1891 die heutige Auferstehungskapelle errichtet. Damals hieß sie ganz prosaisch Leichenkapelle. Sie ist mit Nebenräumen ausgerüstet, in denen Ärzte die Leichname verstorbener Patienten sezieren konnten. Etwa 75 m entfernt, genau der Kapelle gegenüber, liegt der Torbogen zum Alten Friedhof. Er stammt ebenfalls aus dem Jahr 1891 und zeigt dem Eintretenden im Bogenrund das Wort Jesu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Auf der Rückseite folgt die Fortsetzung des Bibelwortes aus dem Johannes-Evangelium: „Wer an mich glaubt, der wird leben.“
Vom Eingangstor geradeaus führt der Weg zum Grabmonument des „Posaunengenerals“ Pastor Johannes Kuhlo (1856–1941). Er war von 1893 bis 1922 Vorsteher der Diakonenanstalt Nazareth und hat die deutsche evangelische Posaunenbewegung nachhaltig geprägt. Weiter rechts finden sich die Gräber der Familie Bodelschwingh. Hier liegt Friedrich von Bodelschwingh neben seiner Frau Ida, inmitten seiner Nachkommen.
Die Anlage wird überragt von einem Gedenkstein, der an die vier ersten Kinder Friedrich v. Bodelschwinghs und seiner Frau Ida erinnert. Sie starben im Januar 1869 im Alter von einem bis sechs Jahren innerhalb von vierzehn Tagen an Diphterie. Ihre Gräber befinden sich außerhalb Bethels in Dellwig an der Ruhr. Das Ehepaar Bodelschwingh bekam noch einmal ein Mädchen und drei Jungen, die zwischen 1869 und 1877 geboren wurden. Drei von ihnen liegen auch hier begraben: Wilhelm, das älteste Kind der zweiten Geschwisterreihe, folgte dem Vater 1905 als Vorsteher des Diakonissenhauses und starb 1921; Fritz, der Jüngste, hatte ab 1910 bis zu seinem Tod 1946 die Gesamtleitung der Anstalten inne. Tochter Frieda wirkte als Johanniter-Schwester, sie starb 1958.
Links von der Bodelschwingh-Grabanlage findet sich ein großes Feld mit Diakonissengräbern. Dass es einer Kriegsgräberstätte ähnelt, ist kein Zufall. Bodelschwingh ließ sich gern als „Marschall Vorwärts auf dem Kampfgebiete der inneren Mission“ bezeichnen. Seine Diakonissen waren ihm die „Kerntruppen“ auf dem „Schlachtfeld der Barmherzigkeit“.
Am südlichen Ende des Friedhofs findet sich nahe dem Remterweg das Gräberfeld der Nazareth-Diakone. Während die Diakonissen unverheiratet blieben und in Einzelgräbern bestattet wurden, finden wir hier Doppelgräber für die Diakone und ihre Ehefrauen.
Nicht weit vom Remterweg steht ein steinernes Kruzifix mit einem überlebensgroßen Christus, das die Diakonissenschaft 1928 aufstellen ließ. Am Fuß des Monuments befinden sich Gedenksteine für die verstorbenen Vorsteherinnen Sareptas und andere bedeutende Schwestern. Bei dem Kruzifix handelt es sich um die Nachbildung einer Arbeit des 1509 verstorbenen Nürnberger Bildhauers Adam Kraft. Dieses Kruzifix steht auf dem höchsten Punkt des Alten Friedhofs.
Historische Orientierung: Zum Selbstverständnis Bethels
Bethel verstand sich jahrzehntelang als eine kirchlich und kommunal eigenständige Modellsiedlung im Sinne der evangelischen Inneren Mission. Eine moderne Publizistik, eigene Ausbildungsstätten und eine Missionsgesellschaft machten die Anstalten schon Ende des 19. Jahrhunderts weltbekannt. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges herrschte in der Ortschaft ein nationalprotestantischer Geist, in dem Gottesliebe, Nächstenliebe und der Einsatz für Volk und Vaterland eng miteinander verbunden waren. Die Wahlergebnisse um 1930 zeigen, dass der Nationalsozialismus trotz erheblicher weltanschaulicher Differenzen in Bethel breite Unterstützung fand. Das begann sich ab 1940 zu ändern, als die Anstaltsleitung viele Patienten nur knapp vor den nationalsozialistischen Krankenmorden bewahren konnte.
Seit 1970 führten veränderte Betreuungskonzepte, der Rückzug der Diakonissen und Diakone aus vielen Arbeitsbereichen und ein starkes Wachstum der „zivilen“ Mitarbeiterschaft zu einem tiefgreifenden Wandel. Seit rund zwanzig Jahren verstehen sich die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel als ein christliches Unternehmen der Diakonie, als handelnde Kirche, die der Gemeinschaft von Gesunden und Kranken in besonderem Maße verpflichtet ist.