Bethel – das Haus Gottes

Der große Neubau der Anstalt für Epileptische erhielt alsbald den Namen Bethel, Haus Gottes. Bei der Einweihung 1874 hatte Johannes Unsöld, der erste Hausvater der Anstalt, die Andacht gehalten. Er hatte daran erinnert, dass ihn acht Jahre zuvor in seiner württembergischen Heimat der Ruf erreicht hatte, als Pädagoge in der Bielefelder Anstalt zu arbeiten. Unsicher, wie er sich entscheiden solle, habe er damals das biblische Los gezogen: „Lasset uns auf sein und gen Bethel ziehen, dass ich daselbst einen Altar mache dem Gott, der mich erhöret hat [...] auf dem Weg, den ich gezogen bin“ (1. Mose 35,3). Er hatte das als Wink Gottes verstanden und war nach Bielefeld gezogen.

Bodelschwingh griff das auf, schlug Bethel als Hausnamen vor und ließ den ersten Teil der Losung über den Eingang des Hauses schreiben. Der Ausspruch stammt vom biblischen Stammvater Jakob. Vor dem Entschluss, gen Bethel zu ziehen, hatte Jakob seinen Begleitern die Anweisung gegeben: „Thut von euch die fremden Götter, so unter euch sind und reinigt euch, [...]“ Das konnte Bodelschwingh gut mit der Gedanken der Reinigung verbinden, der in Sarepta eine so große Rolle spielte.

Unsöld war in seiner Andacht auch auf die Erzählung von Jakobs Traum gekommen: Darin wird berichtet, dass Jakob als junger Mann das Weite gesucht hatte, nachdem es ihm gelungen war, seinen älteren Zwillingsbruder Esau zu hintergehen. Durch eine Täuschung hatte er den Segen des Vaters Isaak erlangt, der eigentlich dem Erstgeborenen zustand. Unterwegs übernachtete Jakob an einem Platz, wo ihm im Traum eine Leiter erschien, die bis an den offenen Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel auf und nieder. Von oben verhieß Gott ihm, dass er ihn zum Stammvater eines großen Volkes machen und ihn behüten wolle. Die Bibel berichtet, dass Jakob mit Schrecken erwachte: „Gewisslich ist der Herr an diesem Ort, und ich wusste es nicht. Und er fürchtete sich, und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes denn Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels.“ (1. Mose 28, 10-22, hier 16 b und 17)

Von Sarepta nach Bethel

Als Ostern 1878 die neuen Glocken des Diakonissenhauses geweiht wurden, verband Bodelschwingh das Schmelzhütten-Motiv von Sarepta mit dem Gotteshaus-Motiv von Bethel und bezog beides auf das Ortsbild. Die Verknüpfungen waren leicht möglich, weil die beiden neuen Glocken dieselben Namen erhielten wie die beiden großen Anstaltshäuser: Sarepta und Bethel. Für den Glockenguss waren abgegriffene Kleinmünzen gesammelt und eingeschmolzen worden:

„Gleichwie aus unreinen, wertlosen, durch ihren Wandel in der Welt befleckten Pfennigstücken ... nun solche wertvollen Werkzeuge der Barmherzigkeit [wie die Glocken] geworden wären, die hoch in den Lüften Gottes Ehre verkündeten; – so sollte Sarepta allen Armen ... als Schmelzhütte dienen, in welcher das Feuer der göttlichen Liebe auch unter schweren Leiden bußfertig und dankbar erkannt und die Seelen zu Gottes ewigem Preis und Ruhm zurecht geschmolzen würden; dann würde auch die andere Glocke 'Bethel' ihren Namen mit Ehren tragen, und dem Hause, zu dem sie riefe, gewiss auch die Himmelsleiter nicht fehlen und die Engel Gottes nicht, welche die also zubereiteten Kreuzesgenossen in das rechte Gotteshaus geleiteten, in dem man nicht mehr seufzt und in dem die Kreuzträger Palmen tragen."

Karte


Groß-Bethel, Eingangsseite
Groß-Bethel, Eingangsseite

Groß, Bethel, Inschrift über dem Eingang, 2006
Groß, Bethel, Inschrift über dem Eingang, 2006

Jakobs Traum. Aus einer Bilderbibel um 1900
Jakobs Traum. Aus einer Bilderbibel um 1900

Blick durch einen Bogen des früheren Wandelgangs auf das Diakonissenhaus Sarepta
Blick durch einen Bogen des früheren Wandelgangs auf das Diakonissenhaus Sarepta

Diakonissenmutterhaus Sarepta und Haus Groß-Bethel, vor 1882
Diakonissenmutterhaus Sarepta und Haus Groß-Bethel, vor 1882