Das 1885 errichtete Kinderheim erwies sich als ein zählebiges Provisorium. Zwar wurde schon unmittelbar nach der Eröffnung Gileads über den Bau eines Kinderkrankenhauses nachgedacht, doch vereitelte der Erste Weltkrieg dieses Vorhaben. Erst 1927 kam Bewegung in das Projekt. Die Regierung weigerte sich, die Einrichtung einer Säuglingspflegeschule, die man für die Schwesternausbildung unbedingt benötige, im alten Kinderheim zu genehmigen. Zudem führte eine schwere Masernepidemie unter den mittlerweile hundert Kindern „handgreiflich vor Augen […], dass große Säle sich für ein Kinderheim nicht empfehlen“. Schließlich verlangten die Behörden, den Kindern mehr Sonne zu verschaffen. Die Buchen rings um das Kinderheim waren so hoch gewachsen, dass sie die Krankenzimmer verschatteten. Doch selbst wenn man den Zionswald hätte abholzen wollen, so ließe sich doch, wie Friedrich von Bodelschwingh d. J. freimütig einräumte, „aus dem vielfach angeflickten und umgebauten Haus […] mit aller Kunst kein Säuglingsheim und Kinderkrankenhaus gestalten, in dem die Mittel heutiger Wissenschaft und Pflege richtig anzuwenden“ seien.
So wurde 1929 neben Samaria das neue Kinderkrankenhaus Sonnenschein mit 130 Betten erbaut. Das von Baumeister Winkler geplante Haus war einfach gehalten, genügte aber den damals modernsten Standards der Pädiatrie. Es kostete 400.000 Reichsmark, 3.000 Reichsmark pro Bett. „Ich erschrecke darüber“, gestand Bodelschwingh. Über den Wirtschaftsräumen erhoben sich drei Stockwerke: Unten befand sich die Aufnahmestation, in der Mitte die Kinderstation mit sechzig bis siebzig Betten, oben die Säuglingsstation mit siebzig bis achtzig Betten. Vom mittleren Geschoss konnte man die Betten über Brücken, ohne eine Treppenstufe, auf die am Berghang aufsteigenden Spielplätze schieben. Am oberen Stockwerk zogen sich über die ganze Breite des Hauses offene Hallen entlang, so dass die Kleinsten, wenn das Wetter es erlaubte, im Freien liegen konnten. Zudem hatten alle Zimmer große Schiebefenster, um Luft und Licht hereinzulassen. Den ganzen Tag über schien die Sonne auf das Haus – daher der Name Haus Sonnenschein. In seiner Eröffnungsansprache stellte Bodelschwingh den Bezug zu Jesus Christus als der Sonne der Kranken und Kinder her. Einer Idee der Oberin folgend, waren die einzelnen Zimmer, Betten und Spinde nach Blumen wie Heckenrose und Vergissmeinnicht, Schneeglöckchen und Stiefmütterchen benannt und mit entsprechenden Bildchen gekennzeichnet, um den Kindern die Orientierung zu erleichtern.
Unter Leitung von Dr. Helmuth Müller erlebte das Kinderkrankenhaus in den 1950er Jahren einen deutlichen Entwicklungsschub. Der frische Wind stieß anfangs nicht überall auf Gegenliebe. „Halten Sie das Kinderkrankenhaus klein“, riet 1958 eine der Schwestern der Anstaltsleitung, „die Klinik überwuchert das eigentlich diakonische Wirken.“
Die neue Kinderklinik
Nach drei Jahrzehnten genügte das Kinderkrankenhaus den Anforderungen nicht mehr. Seit 1962 liefen Planungen zum Bau einer modernen Kinderklinik, wobei es wegen der exponierten Lage des Bauplatzes am Südhang des Sparrenberges einmal mehr zu einem Tauziehen mit der Stadt kam. 1977 wurde die neue, 16 Millionen Mark teure Kinderklinik Sareptas mit 160 Betten eingeweiht. Sie umfasste acht Stationen, u. a. eine Intensivstation für Früh- und Neugeborene, eine Akutstation zur Behandlung und Überwachung größerer Kinder. Eine Ambulanz zur Früherkennung und Behandlung von Risikobabys, eine psychosomatische Station mit Arbeitsbereichen für einen Psychologen, einen Heilpädagogen, einen Beschäftigungstherapeuten und einen Sozialarbeiter sowie eine Klinikschule. Im Schulkinderbereich gab es Spielzimmer, einen Gymnastiksaal und „Matschräume“. Besonderes Interesse fanden die neuen Mutter-Kind-Einheiten – damals ein Novum.
Der Neubau ist im nüchternen Betonstil der 1970er Jahre erstellt. Bei der Gestaltung der in warmen Brauntönen gehaltenen Eingangshalle setzte der Architekt Heinrich Wörner Akzente. Wandkacheln mit Märchenmotiven, die nach Entwürfen des Künstlers Gidon Chamizer von der Therapeutischen Werkstatt Bethel hergestellt wurden, schmücken den Spielbereich. Die Eingangshalle wird beherrscht von der Wandplastik „Begegnung“ des Künstlers Walter Habdank. Darauf wird eine verhärmte Mutter mit ihrem kranken Kind von einem sternenumrahmten Jesus gesegnet. Daneben findet sich der Spruch: „Meinem Gott gehört die Welt, meinem Gott das Himmelszelt, und sein Eigen bin auch ich, Gottes Hände halten mich!“